Archive for the Category Kurzgeschichte

 
 

Grimselpass

Vorsichtig lenke ich den Wagen auf den Parkplatz. Nur schemenhaft zeichnen sich die Umrisse des Restaurants «Grimselblick» ab. Doch heute gibt es keinen «Blick». Der Pass liegt in undurchdringlichem Nebel. Eine graue Geisterlandschaft. Man sieht kaum die Hand vor Augen.
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Mülltrennung

»Wo sind die Hausunterlagen?«, fragte Eberhard und räumte Aktenordner vom Wandschrank auf den Tisch. Stefanie zuckte zusammen. Um Gottes willen, sie hatte die letzten Tage damit verbracht, einmal gründlich aufzuräumen. Säckeweise hatte sie den Müll zum Recyclinghof gekarrt. Erst heute Morgen noch den Kombi voll mit Papier und Pappkartons geladen. Alte, hässliche Ordner waren auch dabei. Sollte sie aus Versehen? Sie wischte den Gedanken beiseite.
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Glück

Sie liegt im weißen Krankenhausbett, schaut in Richtung Fenster, sieht einzelne Sterne am Himmel, einen runden Mond. Draußen fährt ein Bus an, ein Motorrad knattert vorbei.  Ihr Kopf ist weit und hell, der Atem schnell und leicht. Sie möchte jubeln, tanzen, singen,  Wogen von Glück und Liebe rollen über ihren Körper.
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Sturm auf dem Iisselmeer

Ein dumpfer Schlag, noch einer. Knirschend bohrt sich der Rumpf der Jacht in den sandigen Untergrund. Eine Serie von drei kurzen, schäumenden Brechern kracht gegen die Bordwand, überflutet das Deck, zieht sich zurück. Das Boot richtet sich auf, wartet auf den nächsten Angriff.
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Allwetterbad

Die Schiebetür zum Schwimmbereich geht automatisch auf. Der Lärm schlägt mit voller Wucht zu. Lachende und kreischende Kinder toben im Warmbecken, werfen sich bunte Bälle zu, tauchen ab nach Ringen am Beckenboden, kommen keuchend wieder an die Oberfläche, prusten sich Wasser ins Gesicht. Kleine Jungen reiten wie Cowboys auf ihren Schaumstoffschlangen, kämpfen mit verbissenen Gesichtern, versuchen sich gegenseitig hinunterzuziehen. Der Verlierer taucht lachend auf, warte, das wirst du mir büßen! Der Kampf beginnt von vorne.
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Zwischenfall auf der GC 500

Der blaugrüne Linienbus nimmt schnell und elegant die Serpentinen auf der GC 500 zwischen Puerto de Mogan und Playa del Inglés. »Idiota«, brummt der Fahrer immer wieder, wenn ein junger Ausländer in seinem Leihauto versucht, die engen Kurven rennfahrermäßig zu schneiden.
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Biografie

mann_aus_buch_kleinDer greise Schriftsteller war ein schwieriger Brocken, hart zu knacken. Man munkelte, er habe in seinem langen Leben so manches Frauenleben zerstört, aber Genaueres wusste man nicht, denn er hütete sein Privatleben wie einen Schatz.
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Frau Mitschkes Traum

Die Mitschkes waren in den letzten Kriegsjahren aus Schlesien geflohen. Sie waren fromme, fleißige Leute, die sich mit dem Geld vom Lastenausgleich einen kleinen Bauernhof im Münsterland gekauft und ihrer einzigen Tochter früh beigebracht hatten, dass ein anständiges Leben nur derjenige führen kann, der hart arbeitet und früh aufsteht. Die Kühe mussten gemolken, die Schweine ins Freie gelassen, die Hühner gefüttert werden.
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Die sind weisungsgebunden

Erst drohen sie mir mit Ordnungsgeld, jetzt sogar mit Haft. Uneidliche Falschaussage. So ein Unsinn. Und dabei geht es zum dritten Mal um diesen Schwarzen, diesen Drogenheini mit dem unaussprechlichen Namen. Der schluckt Kokainkügelchen und wundert sich, warum dann Brechmittel eingesetzt werden.  An die Opfer denkt keiner, nur immer an die Täter. An wie viele Kinder hat er denn auf dem Schulhof Drogen vertickt? Ist unseren Gutmenschen ja egal. Hauptsache,  der Täter kommt frei. Schwere Kindheit, jaja, Flüchtling aus Sierra Leone, wie schrecklich. Die können ja gerne kommen, wenn sie sich an unsere Gesetze halten. Niemand hat den gezwungen, Drogen zu verkaufen. Höchstens die eigenen Leute. Die verdienen sich dann goldene Nasen.
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Natascha hieß sie

Er war glückselig, wenn am Heiligen Abend der Weihnachtsmann klingelte. Die Kinder in der Schule verlachten ihn und sagten, einen Weihnachtsmann gebe es gar nicht. Wahrscheinlich habe sich nur sein Papa verkleidet oder sein Onkel. Er schluckte und sagte nicht, dass er keinen Papa und keinen Onkel hatte und allein mit seiner Mama in einer kleinen Zwei-Zimmerwohnung lebte. Aber sein Berufsziel stand fest, er wollte Weihnachtsmann werden und mit einem großen Sack von Tür zu Tür ziehen, um den Kindern Geschenke zu bringen.
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