Archive for the Category szenischer Text

 
 

Zoom – Lust oder Frust?

 

Szene 1

Schreibworkshop an der VHS Hannover. Bisschen weit weg von Bremen, aber es gibt ja Zoom.
Thema: Wie mache ich ein Kinderbuch? Ja, das möchte ich wissen. Habe gerade für meine vier Enkeljungs ( 7, 8, 9, 14) einen Krimi geschrieben, den kein Verlag will. Obwohl doch meine Kerlchen so begeistert waren. Wahrscheinlich, weil ich ihre Namen verwendet habe. Vier Freunde. Irgendwas ist falsch gelaufen. Klar, ich bin nicht Enid Blyton. Aber einen Hund gibt es mittlerweile auch in unserer Familie.
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Freundinnen

 Sabrina schlürft den Schaum von ihrem Milchkaffee. Es ist schon die zweite Tasse. Ungeduldig schaut sie durch die schlierige Glasscheibe auf die nahe Bushaltestelle. Typisch Ellen, immer zu spät. Wenn sie auch diese Tasse ausgetrunken hat, wird sie gehen. Dieses Mal wirklich. Eine Unverschämtheit, sie immer warten zu lassen. Nein, sie muss bei der Wahrheit bleiben. Ellen lässt nicht nur sie warten, Ellen lässt alle warten. Sie kann nicht anders. Sie kommt immer zu spät. Oder in der letzten Minute angehetzt.  Sabrina weigert sich mittlerweile, mit ihr zusammen zum Theater oder zu einem Konzert zu fahren. Diese Hetzerei, dieses schweißtreibende Generve, wenn sie im Sturmschritt beim dritten Klingeln in den Saal rasen, unter bösen Blicken der anderen Leute, die im letzten Moment noch aufstehen müssen, obwohl sie es sich schon bequem in ihre Sitze gekuschelt haben. Möglichst den Mantel noch über dem Arm, weil keine Zeit mehr für die Garderobe geblieben ist. Sabrina trinkt einen großen Schluck. Gut, sie hat gelernt. Sie treffen sich erst vor Ort. Wenn Ellen angestürmt kommt mit wilden Haaren, Christian hinter sich herzerrend, haben Sabrina und Thomas schon gemütlich im Programmheft geblättert und wissen Bescheid.
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Wer nicht alt werden will …

muss früh sterben

das wussten die Alten und Uralten schon immer. Ich wollte nie früh sterben Und nun bin ich alt, richtig alt. Weit über 80. Aber ich bin noch da!

Sie fragen, ob ich schon immer in diesem Kaff an der ostfriesischen Küste gelebt habe? Klar! Selbstverständlich! Wo sollte ich denn hin?

Ob ich nie weg wollte? Etwas anderes sehen? Die Welt erleben?
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Konsumentgleisung

 


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»Ich will nen Euro«, brüllt der Fünfjährige und haut mit den Fäusten auf den Bauch seiner Mutter.
»Euro! Ich will nen Euro!«
Er zeigt auf die rollenden Plastikbälle hinter einer Glasscheibe, die man mit einem Kescher fangen kann, wenn, ja wenn der besagte Euro in den dafür vorgesehenen Schlitz fällt.
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Zähne

Hillary Clinton und Robert Redford sitzen bei einer Benefiz-Veranstaltung nebeneinander. Vor Beginn des Konzerts:

ROBERT: I am honored to be seated next to you, Madam.
HILLARY: Hillary, just Hillary. I am overjoyed l have the opportunity of meeting one of the most famous and beloved American actors, Mr Redford.
ROBERT: Robert, Hillary, Robert!
HILLARY: Hi Robert. So fascinating to meet you personally.
ROBERT: Hi Hillary. I feel the same, Hillary. So nice to meet y o u !
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Und das soll Kunst sein?

Ein älteres, elegant gekleidetes Ehepaar geht durch die Museumsräume der Weserburg, in der die Ausstellung »Proof of Life« gezeigt wird.

Er:       Immer diese moderne Kunst! Die sagt mir einfach nichts. Ich bekomme überhaupt keinen Zugang zu den merkwürdigen    Exponaten.

Sie:     Nun lass dich doch erst einmal darauf ein!

Er:       Schon der Titel »Proof of Life«. Welcher Beweis? Welches Leben?
Sich einen deutschen Titel auszudenken ist wohl zu viel verlangt. Englisch macht mehr her. Ist so schön unverständlich.

Sie:     Schau dir doch erst einmal die Ausstellung an. Unvoreingenommen. Mir zuliebe.

Er:       O.K., aber nur eine Stunde! Länger halt ich das nicht aus!
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Eheberatung

Was hat die Eheberaterin gesagt?, fragt Marietta ihren Mann, als er abends nach Hause kommt, sich in den Sessel sinken lässt und den Fernseher anstellt.
Mit schnellen Schritten  geht sie zum Fernseher, stellt ihn aus.
Jens-Martin, wir hatten doch vereinbart, dass wir uns Hilfe suchen. Und ich habe extra diesen Termin bei der Verhaltenstherapeutin für dich ausgemacht. Warst du da oder nicht? Du wolltest ein Erstgespräch führen. Allein.
Ja, ja, das hat sie gesagt.
Was hat sie gesagt?
Dass wir beide allein und von vorne anfangen müssten.
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Abgerutscht

Es war voll in der Altstadt. Auf dem Marktplatz blinkten die elektrischen Kerzen in der Dämmerung. An den mit Tannenzweigen geschmückten Holzbuden drängten sich die Menschen, aßen Wurst und Schaschlik mit Pommes rot und weiß, schlürften Glühwein an runden Stehtischen. Kleine Kinder starrten sehnsüchtig auf die tutende Eisenbahn und quengelten, bis Mutter oder Vater nachgab und dem Nachwuchs eine Fahrt spendierte. Zeit geschunden für einen zweiten Glühwein. Aus Lautsprechern dudelte »O du fröhliche«.
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Special Interests

»Ich habe genug von allem! Wer bringt sich mit mir um?«, schreibt der 36-jährige Kai aus Oldenburg im Internetforum »Special Interests«.
Die Antwort kommt postwendend.
»Etwas Besseres als den Tod findest du überall…«. Jana (25) aus Bremen-Nord

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