Archive for the Category Kurzkrimi

 
 

Mutter Alma

Nein, sie war weiß Gott kein Rippchen. Klein und kompakt, mit kräftigen Oberarmen und einem ausladenden Busen stand sie wie ein Fels hinter dem Ladentisch in dem kleinen Kiosk in der Nähe vom Gelsenkirchener Bahnhof, verkaufte Zeitungen und Illustrierte, lauschte geduldig dem Gemecker über steigende Benzinpreise und ewig verspätete Züge, holte Zigaretten aus dem Regal und Süßigkeiten, und dachte sich ihr Teil, wenn zur späteren Stunde Schnaps verlangt wurde. Bier und Korn schob sie über den Tresen, aber nie für Kunden unter 18. Da hatte sie ihre Prinzipien. »Nimm lieber nen Dauerlutscher«, hatte sie neulich zu einem pickeligen Knaben gesagt, der Bier und Zigaretten verlangte. Und als der Hänfling frech wurde, hatte sie ihre 80 Kilo Lebendgewicht um den Tresen gerollt, die Fäuste in die Hüften gestemmt und drohend gesagt: «Hau ab oder du kriegst den Hintern voll.« Der Junge hatte fluchtartig den kleinen Laden verlassen. Sie fand das normal.
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Junge, komm nie wieder …

ring»Käpt‘n, backen und banken!«, Greta hängt sich über die kunstvoll gedrehten Tampen, die die Terrasse begrenzen, schaut hinunter auf die 27-Fuß Westerly, die am hauseigenen Steg sanft in den braunen Wellen der Schlei schaukelt, und winkt hektisch mit den Armen. Backen und banken, lächerlich. Das Essen ist fertig, basta.

Ein großer, bärtiger Typ im Overall, Elbsegler auf dem kahlen Kopf, eine brennende Pfeife schief im Mund, kniet auf dem Vordeck. Neben ihm steht eine Dose mit Klarlack und er pinselt sorgfältig Planke für Planke des Stabdecks ein. Der Mann hebt nicht einmal den Kopf, abgeschirmt hinter einer Wand von Seemannsliedern, die aus dem voll aufgedrehten CD-Player im Cockpit dröhnen. Resigniert lässt Greta die Arme sinken. Freddy Quinn singt »Junge, komm bald wieder«. Schiff und Mann sind in einen schalldichten Kokon gehüllt, da kommt ihre Stimme nicht durch.
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Der Fall

Heinrich öffnet vorsichtig die Augen. Sein Kopf dröhnt. Mit den Fingern ertastet er eine Beule am Hinterkopf. Wieso liegt er auf dem Parkett im Wohnzimmer? Neben ihm eine Leiter, umgestürzt. Sein linker Fuß steckt zwischen den beiden oberen Sprossen, merkwürdig verdreht. Der Flokati vor dem hohen Mahagoni-Regal ist seitlich weggerutscht.
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Zustände wie im alten Rom

gladiators„Ich muss gehen, Liebes.“ Er küsste sie auf den schweißnassen Bauchnabel und rollte sich aus dem Bett. Magnus musste zur Arbeit. Er hatte eine Frau und zwei Kinder zu ernähren, und auch seine neue Geliebte Claudia erwies sich als äußerst anspruchsvoll.
„Schade“, seufzte sie und wand sich lasziv in den seidigen Laken. „Ich könnte noch mal.“
«Ich auch, Schatz», beeilte er sich zu erwidern, was glatt gelogen war. Er küsste sie flüchtig. „Morgen wieder.“
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Bye, bye, love

 

Female Killerbee Royal python, ball python, Python regius

Da stehen sie auf ihren Terrakotta gefliesten Terrassen und glotzen sich die Augen aus dem Kopf. Crime-Time in der Luxus-Wohnanlage. Polizeiautos zwischen Fliederbüschen, Glyzinien und Goldregen. Dicke Streifenbeamte, die mit Gewalt die Tür zu Eingang Nr.10 aufbrechen. Ich bin unbemerkt mit dem Fahrstuhl in die oberste Etage gekommen. Die Tür zum Dachboden war zum Glück  auf. Mich kriegen sie nicht. Nie. Ich bin zu schlau für die. Zugegeben, den Kakadu zu vergessen, war ein Fehler.
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Das Küchenmesser

Messer mit Blut. Kriminalität. Tatwaffe eines Mordes.NordMordAward 2011

Der Wind heult ums Haus. Den ganzen Tag über sind schwarze Wolken in einem Affenzahn vorbeigezogen. Als ich von der Schule nach Hause geradelt bin, bin ich auf den paar Kilometern von Wesselburen nach Hillgroven platschnass geworden. Und jetzt habe ich mich bestimmt erkältet. Mein Kopf fühlt sich ganz heiß an und meine Nase ist schon ganz zu.
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Am Teufelsmaar

„Kenebelnnst du die Sage vom Weinfelder Maar?“, Sadet bettet ihren Kopf in seinem Schoß und schaut lächelnd zu ihrem Begleiter auf.

„Nein, mein Schatz, bis jetzt noch nicht“, sagte der ältere Mann und streicht seiner jungen türkischen Begleiterin sanft über die schwarzen Locken. „Aber wie ich dich kenne, wirst du sie mir erzählen.“
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Doppelleben

blutlacheSo sieht kein Monster aus, dachte der junge Richter, als ihm Richard Feddersen vorgeführt wurde. So unscheinbar und grau und blass. Unstete Augen hinter dicken Brillengläsern, fahrige Handbewegungen, eine leise, leicht lispelnde Sprache. Eher ein Opfer als ein Täter. Eine Figur wie aus Kafkas Romanen.
Reinhold Börnson sollte zum ersten Mal in einem Strafprozess den Vorsitz führen. Nicht dass er sich schlecht vorbereitet fühlte, aber vielleicht hätte doch ein älterer, erfahrener Richter mit dem Vorsitz betraut werden sollen, denn bei der Scheußlichkeit der Tat würde der Prozess ein enormes Medieninteresse auf sich ziehen. Wie Haie warteten die Anwälte auf formal-juristische Fehler, um in Revision zu gehen. So hatte Börnson sich den Start seiner richterlichen Laufbahn nicht vorgestellt. Aber vielleicht könnte genau dieser Prozess auch die erste Stufe zu seiner Karriere sein.
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Ehrenmord

parkdeckEs war bereits dunkel in der Parkbucht beim Straßenbahndepot in Gröpelingen. Der prasselnde Herbstregen wurde vom Wind gegen die Scheibe gedrückt, so dass große Placken Wasser die Sicht auf die ankommenden Bahnen verwischte. Ahmad hauchte auf seine erstarrten Hände und kroch noch tiefer in seinen Mantel hinein, um sich gegen die Kälte zu schützen. Den Motor laufen zu lassen, Heizung und Scheibenwischer anzuschalten, traute er sich nicht. Er wollte nicht unnötig auf sich aufmerksam machen. Er schaute auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr: kurz nach sieben
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Zwischenfall im Polizeirevier

Polizeiwache

„Jetzt sag mir die Wahrheit!“ Die junge Streifenbeamtin stürzt in den Raum auf den Kollegen zu, der mit dem Rücken zu ihr am Schreibtisch sitzt. Er dreht sich nicht um.
„Was ist denn nun wieder los?“
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