Urlaubsplanung

Es ist dunkel draußen. Oliver und Marita sitzen im Wohnzimmer. Sie sind Mitte 40, seit fast zwanzig Jahren verheiratet. Sie haben keine Kinder, finanziell geht es ihnen gut. Oliver ist Informatiker, Marita arbeitet in einer staatlichen Kita. Beide sind müde von der Arbeit. Oliver macht den Fernseher an. Marita blättert in einem Stoß bunter Prospekte.

Sie:    Was machen wir in den Herbstferien?
Er:     Wieso Herbstferien?
Sie:    Du hast gesagt, du würdest dir im Oktober zwei Wochen frei nehmen.
Er:     Hab ich das?
Sie:    Nun mach mal den Fernseher aus.  Ich habe vom 9. – 16. Oktober Herbstferien.
Er:     Schön für dich.
Sie:    Was soll das denn wieder heißen?
Er:     Ich weiß nicht, ob ich frei kriege. Wir haben im Moment viel zu tun.
Sie:    Was? Das war doch verabredet, dass wir im Herbst  Ferien machen.
Er:     Wo willst du denn überhaupt hin?
Sie:    Darüber wollte ich ja gerade mit dir sprechen.
Er:     Dann sprich doch!
Sie:    Was soll das jetzt?
Er:     Auf jeden Fall will ich nicht wieder in den Wald wie im Sommer?
Sie:    Was?
Er:     Du hast richtig gehört. Ich kann keine Bäume mehr sehen.
Sie:    Was hast du denn gegen Schweden?
Er:     Zu viel Wald.
Sie:    Bist du bescheuert?
Er:     Nee, ich habe nur ’ne Waldphobie entwickelt. Mir hängt das Wandern zum Hals raus. Und Pilze suchen will ich auch nicht.
Sie:    Jetzt im Herbst gibt es Steinpilze und Pfifferlinge. Besonders in Österreich.
Er:     Nicht mit mir. Ich würde mal gern was für den Kopp tun.
Sie:    Das tust du doch das ganze Jahr. Sitzt immer nur am Computer. Ein bisschen sportliche Betätigung würde dir gut tun.
Er:     Ich weiß. Du findest, ich bin zu dick.
Sie:    Du sagst es.
Er:     Abnehmen kann man auch anders. Man muss nicht stundenlang durch einen verdammten Tannenwald stratzen.
Sie:    Nein, muss man nicht. Es geht auch mit FdH.
Er:     Du sagst es!
Sie:    Also, was willst du?
Er:     Was für den Kopp, wie ich schon sagte.
Sie:    Was heißt das?
Er:     Hast du keinen Kopp?
Sie:    Ich weiß, du hältst mich für doof. Und ungebildet. Nur Erzieherin.
Er:     Das habe ich nicht gesagt.
Sie:    Aber gedacht. Das denkst du die ganze Zeit.
Er:     Nun mal mit der Ruhe!
Sie:    Ich bin ganz ruhig.
Er:     Ach ja!
Sie:    Also, mach einen Vorschlag.
Er:     Rom!
Sie:    Nie!
Er:     Siehst du!
Sie:    Was sehe ich?
Er:     Kaum mache ich einen Vorschlag, bist du dagegen.
Sie:    Weißt du auch, warum?
Er:     Nee, keine Ahnung. Deine historischen Schinken verschlingst du doch.
Sie:    Ja, tue ich. Finde ich auch interessant. Aber ich will nicht 14 Tage von dir belehrt werden.
Er:     Dich belehren? Tue ich doch gar nicht.
Sie:    Tust du wohl. Merkst du nur schon gar nicht mehr.
Er:     Wenn du mich was fragst …
Sie:    Ich frage dich nicht. Du erklärst auch ungefragt.
Er:     Nein.
Sie:    Doch. Ununterbrochen. Mann erklärt Frau die Welt.
Er:      Du spinnst!
Sie:    Wie du meinst.
Er:    Wo willst du denn überhaupt hin?
Sie:    Ich würde gern einmal in meinem Leben nach Afrika. In einen Nationalpark. Serengeti zum Beispiel. Ist gar nicht so teuer. Ich habe im Internet recherchiert.
Er:     Bist du verrückt. Ich hasse Tiere.
Sie:    Du hast ’ne Tier-Phobie.
Er:     Eben.
Sie:    Man muss sich seinen Ängsten stellen.
Er:     Wer hat dir das eingeredet?
Sie:    Kannst du in jedem Psychologie-Buch nachschlagen.
Er:     Und das glaubst du?
Sie:    Ja!
Er:     Dann bearbeite erst mal deine Angst vor Museen.
Sie:    Ich habe keine Angst vor Museen. Es ist nur, Bilder langweilen mich.
Er:     Langweilen dich?
Sie:    Ja. Im Gegensatz zu dir. Du schaust dir doch lieber die Bäume auf Bildern an als in der Natur.
Er:     Stimmt.
Sie:    Und du glotzt lieber auf Leinwand gekleckstes Wasser an statt selbst schwimmen zu gehen.
Er:      Stimmt auch.
Sie:    Und schneebedeckte Berge faszinieren dich mehr im Bilderrahmen als selbst die Piste hinunterzusausen.
Er:     Gnädige Frau hat vollkommen Recht.
Sie:    Und jetzt?
Er:     Getrennter Urlaub?
Sie:    Wäre wohl das Beste.
Er:     Habe ich auch schon überlegt.
Sie:    Du? Hast du auch schon überlegt?
Er:     Ja, und Susanne würde gern mitkommen.
Sie:    Hä? Susanne
Er:     Ja, Susanne. Deine Freundin Susanne.
Sie:    Und die würde mitkommen?
Er:     Ja, hat sie gesagt. Sie war noch nie in Rom.
Sie:    Ich auch nicht
Er:     Aber du willst doch gar nicht hin. Susanne schon.
Sie:    Seit wann ist die kunstinteressiert.
Er:     Immer schon. Und sie malt auch.
Sie:    Aha, sie malt. Vielleicht solltest du sie malen. Ein super Modell bei dem Busen.
Er:     Ihr Busen interessiert mich nicht.
Sie:    Lügner!
Er:      Wie du meinst.
Sie:    Könnten wir nicht einen Kompromiss finden?
Er:     Wieso das auf einmal?
Sie:    Vielleicht könnten wir Museen angucken  u n d  wandern
Er:     Ich höre.
Sie:    Also, zum Beispiel in der Toskana, da könnte man doch Kunstschätze angucken  u n d  auch die eine oder andere Wanderung machen.
Er:     Könnte man.
Sie:    Oder Fahrrad fahren.
Er:     Weniger. Ist sehr hügelig.
Sie:    Und wir könnten Florenz, Pisa, Siena, San Gimignano besichtigen.
Er:     Das würde dich interessieren?.
Sie:    Warum denn nicht?
Er:     Ok., darauf könnte ich mich einlassen.
Sie:    Sag mal, stimmt das mit Susanne?

Oliver grinst und hält die Fernbedienung hoch.


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