Zwischenfall im Polizeirevier
„Jetzt sag mir die Wahrheit!“ Die junge Streifenbeamtin stürzt in den Raum auf den Kollegen zu, der mit dem Rücken zu ihr am Schreibtisch sitzt. Er dreht sich nicht um.
„Was ist denn nun wieder los?“
„Stimmt es, dass deine Frau schwanger ist?“
„Seit wann hörst du auf Kollegengeschwätz?“
„Ist sie schwanger oder nicht?“ Er dreht sich langsam um und grinst.
„Und wenn sie es wäre?“
„Du hast mir gesagt, dass zwischen euch nichts mehr ist.“
„Man sagt viel, wenn der Tag lang ist, hat meine Großmutter …..“ Sie geht einen Schritt auf ihn zu. Die Wut in ihren Augen lässt ihn verstummen.
„Nun mach bloß keine Szene!“
„Szene? Du hast versprochen, dich von deiner Frau zu trennen. Du hast versprochen, mit ihr zu reden. Noch vor Weihnachten.“
„Hab ich das? Kein Mann verlässt seine Familie in der Weihnachtszeit. Ich habe eine sechsjährige Tochter, wie du weißt.“
„Du hast gesagt, du liebst mich. Du könntest nicht ohne mich leben.“ Sie zittert und Tränen sind in ihren Augen.
„Hör mal, nun beruhige dich. Was ist denn los?“
Er macht eine beschwichtigende Geste und versucht, sie an sich zu ziehen. Sie weicht aus.
„Ich will die Wahrheit?“
„Welche Wahrheit?“
„Wirst du deine Frau verlassen?“
„Gib mir ein bisschen Zeit.“
„Wie viel Zeit noch? Du hältst mich seit einem Jahr hin.“
„Das ist alles nicht so einfach wie du denkst.“
„Ich habe nie geglaubt, dass es einfach ist. Auch für mich nicht. Meine Familie….“
„Ich kann doch nichts dafür, dass deine Familie aus moslemischen …“, er sucht nach Worten,“ aus moslemischen Analphabeten besteht, an denen die Zeit vorbeigegangen ist.“
„Dass ich Türkin bin, das hat dich doch fasziniert. Das ist doch einer der Gründe, warum du dich an mich rangemacht hast.“
„Wer hat sich an wen rangemacht? Nun wollen wir mal bei der Wahrheit bleiben.“
„Ich sag ja nicht, dass ich unschuldig bin. Ich habe mitgemacht. Ja, ich habe mich in dich verliebt. Aber du hast gesagt, dass es dir ernst ist mit mir.“
„War es auch? Jetzt nicht mehr?“
„Ich bin mir nicht mehr sicher.“
Deine Frau ist schwanger, nicht wahr?“
„Sieht so aus.“
„Du hast gesagt, ihr schlaft nicht mehr miteinander.“
„War ein Ausrutscher. Ich brauche das eben. Mit dir ist alles so schwierig.“
„Weil ich noch bei meinen Eltern wohne?“
„Ja, die Nächte, die wir miteinander hatten, sind an zwei Händen abzuzählen.“
„Und das reicht dir nicht?“
“ Ich bin ein ganz normaler Mann!.“
Sie geht zum Spind, schließt auf und kommt mit einem Packen Briefe zurück.
„Und warum hast du mir dann all diese Briefe geschrieben?“ Sie knallt sie ihm auf den Schreibtisch.
„Bist du verrückt. Was soll das?“
„In diesen Briefen steht, wie sehr du mich liebst und dass du nicht mehr ohne mich sein kannst.“
Er versucht, die Briefe an sich zu nehmen..
„Das hättest du wohl gerne!“
„Was?“
„Die Briefe einzustecken und verschwinden zu lassen. Ich werde sie deiner Frau schicken,“
„Das wirst du nicht tun.“
„Doch, genau das werde ich tun. Dann wird sie sehen, was für ein Schwein du bist.“
Sie kämpfen um die Briefe. Er stößt sie zur Seite, sie stolpert, fällt und fängt an zu schluchzen.
„Nun hör schon auf. Können wir nicht wie vernünftige Menschen miteinander reden.?“
Er beugt sich nieder, versucht, ihr aufzuhelfen. Sie wehrt seine Hände ab.
„Gib doch zu, du willst bei ihr bleiben, weil sie das Geld hat. Du willst deinen Lebensstandard beibehalten, dein schickes Auto, euer großes Haus.“
„Und wenn?“
„Ich bin schwanger.“
„Verdammt noch mal. Sag das noch mal.“
„Ich bin schwanger!“
„Du blöde Kuh, hast du nicht aufgepasst?“
„Und du, hast du aufgepasst?“
„Ich habe mich auf dich verlassen.“
„Es ist eben passiert. Trotz Pille.“
„Erzähl mir keine Märchen. Du willst mich erpressen. Aber so nicht. Lass es wegmachen, hörst du.“
„Nein.“
„Ich will mal großzügig sein. Ich bezahle alle Unkosten. In welchem Monat bist du?“
„Was geht dich das an!“
„Das geht mich was an. Ich will kein Kind von dir. Ich will überhaupt nichts von dir und deiner türkischen Mischpoke. “
„Sag das noch mal!“ Sie ist ganz ruhig geworden, blickt ihn kalt an.
„Sag das noch mal.“
„Kannst du haben. Ich will dich nicht. Ich bin dich leid. Und ich will kein Kanaken-Kind.“
Sie nimmt die Pistole aus dem Holster und hebt langsam beide Arme.
„Bist du verrückt geworden?“ Er weicht an die Wand zurück, fummelt nach seiner Waffe. „Lass uns reden!“
„Nein.“ Sie zielt mit zitternden Händen auf seine Brust, drückt ab. Dann lässt sie sich hysterisch schluchzend auf einen Stuhl sinken. Ein durch den Schuss aufgestörter Kollege kommt aus dem Nebenzimmer gestürzt. Sie lässt sich ohne Widerstand die Waffe aus der Hand nehmen.
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24. Oktober 2010 at 17:07
Hat mir gut gefallen und war spannend. Wer wird nun wen erschießen?